Wann werden wir Meer sehen?

Am Nachmittag haben wir in Edirne gut 40 ° im Wohnwagen. Wir fliehen nach Süden Richtung Ägäis und Dardanellen. Wir fliehen auch ins Auto. Beim Verbrennen von Kraftstoff auf der Fahrt arbeitet auch die Klimaanlage kräftig gegen die Hitze an und wir haben nach kurzer Zeit angenehme 22 °. Am Abend erreichen wir nach dem Überqueren einer bewaldeten Hügelgruppe das Türkisblau des Meeres. Plötzlich öffnet sich das Land die Straße fällt bergab in eine Ebene und die Weite des Meeres verspricht einen schönen Tagesausklang. In Koçaçeşme soll es einen schönen Parkplatz am Strand und Hafen geben. Das sind immer wieder spannende Momente mit einem Wohnwagen hinten dran. Im schlimmsten Fall wird es irgendwann so eng und geht nicht mehr weiter das wir irgendwie drehen müssen. Wir fahren ab und es geht auf immer kleineren Straßen durch das Dorf. Die Menschen winken und grüßen freundlich. Nochmal über eine sehr klein aussehende Brücke und dann öffnet sich der Weg zu der breiten Strand Zufahrt. Ein herrlicher Platz. Einige bunte Fischerboote im kleinen Hafenbecken und rechts und links weite Sandstrände.

Wir wollen am nächsten Tag weiter nach Bursa. Nach einem schönen Vormittag am Strand geht es weiter. Es wird ohne Schatten wieder ziemlich heiß auch wenn ein kräftiger Wind Linderung bringt. Wir gehen nochmal im Meer spazieren. Das Wasser ist hier sehr weit ganz flach. Merlin sprintet durch das Wasser und hat Spaß mit den Strandhunden die Anschluß suchen.

Wir entscheiden um Zeit zu sparen die neue Brücke über die Dardanellen zu nehmen. Eine breite neue Autobahn führt direkt zu der Hängebrücke die hier Europa mit Asien verbindet. Sie ist mit 2023 Metern die derzeit längste Hängebrücke der Welt und die Nutzung kostet eine Gebühr von umgerechnet ca. 28 €. Für türkische Verhältnisse finden wir das ziemlich krass.

1915 Çanakkale Köprüsü

Für uns ist es eine deutliche Zeitersparnis und die Fähre mit Auto und Wohnwagen hätte uns auch was gekostet. Wir erreichen Bursa gegen 16 Uhr und finden Platz in Alaadinbey bei Nilüfer Caravan Park. Ein schöner kleiner bewachter Platz um eine Wiese auf dem viele Türken ihren Wohnwagen dauerhaft abstellen. Netter Stadtrandbezirk und tatsächlich verspricht unser Platz einen guten halben Tag Schatten.

Hoş geldiniz–Wir erreichen die Türkei

Über kleine Straßen erreichen wir die türkische Grenze. Die Abfertigung dauert aber es hält sich in Grenzen ;-). Wir werden an einer Anlage seitlich besprüht. Desinfektion.? Wenns hilft. Früher musste Mensch zu dem Zweck immer in Bulgarien durch ein Wasserbad fahren. Gegen Gebühr versteht sich und zum Schutz der Grenzen gegen noch so kleine Einwanderer.

Wir halten an einer Tankstelle für die türkische Vignette. Das System ist nicht ganz durchsichtig. Es funktioniert wie ein Prepaidkonto. Wir bekommen einen Scheibenaufkleber den wir aber nicht dran kleben, weil das Videosystem das registrierte Kennzeichen scannt. Angeblich reichen 300 TL um bis Yalova zu fahren. Wir können dort bei einer Post Geld aufladen. Wieviel Guthaben noch drauf ist erfährt mensch auch nur bei der Post. Auf dieser Reise schauen einen ständig Kameras wie digitale Überwachungsaugen an.

Wir fahren in Edirne zur Sultan Beyazid Komplex. Das alte osmanische Gesundheitszentrum mit Moschee, Medrese, Rosengarten und Krankenhaus (Şifahane bedeutet eigentlich Gesundheitshaus) haben wir schon früher besucht. Heute beherbergt es auch ein sehr umfangreiches Medizinmuseum. Auf Musikreisen und zu Konzerten bin ich schon früher mit meinem Lehrer Oruç Güvenç und der Gruppe Tümata hier gewesen. In diesem osmanischen Heilzentrum, erbaut 1488, wurde besonders auch mit Musiktherapie gearbeitet. Der Klang der klassischen orientalischen Makammusik und der Klang des Wassers aus zentralen Wasserbrunnen und kleinen Bachläufen im Gebäude wurde gemeinsam mit Kräutermedizin und anderen therapeutischen Maßnahmen eingesetzt. Dabei gab es ein umfangreiches Wissen über die Wirkung der differenzierten Tonarten auf Körper und Organe und seelische Zustände. So wurden hier schon früh auch psychische Dispositionen sehr ernst genommen und wissenschaftlich behandelt.

Wir wollten am Gelände übernachten und fanden Platz auf einer Schotterfläche neben dem Gelände. Der Wunsch einen Schattenplatz für ein Fahrzeug zu finden bleibt in der Türkei leider oft vergebens und unerfüllt. Es ist schon fast Abend und die Sonne sinkt langsam. Dennoch ist es erbarmungslos heiß. Mein Wunsch ist es am ursprünglichen Platz der Musiker auf meinen türkischen Instrumenten zu spielen. Ich habe Glück und treffe beim Betreten des Geländes gleich den Leiter des Museums. Er kennt natürlich die Arbeit von Oruç Güvenç und seine Forschung zur altorientalischen Musiktherapie. Über meine Idee Musik zu machen freut er sich und er meldet den Wachleuten mein Kommen für den nächsten Tag an.

Es ist ein wunderschöner Ort um Musik auf Ney, Rebab und Kopuz/Oud zu spielen. Die Kuppel hat eine angenehme Akustik und die Musik wird mit dem Klang des Brunnens in die angrenzenden Räume getragen.

Weitere Vorhaben in Edirne sind türkische Lira besorgen, eine türkische Sim Karte für Internet, die Syleimaniye Moschee des großen Architekten Sinan besuchen und etwas durch den Basar schlendern. Das lässt sich von unserem Standplatz alles gut erledigen. Kurios ist niemand wollte an einer Grenze unseren Pass (also das Stempelheft) sehen. Aber um eine Sim Karte zu bekommen brauchen wir den Pass möglichst mit Einreisestempel (der nicht drin ist wenn an der Grenze niemand den Pass sehen möchte). Am Ende haben wir ausreichend Datenvolumen für einen Monat und auch digital weiterhin „on the road“ bleiben zu können.